allerseelen. allerheiligen. die absolut perfekten termine für all jene, die den drang verspüren, die jährliche friedhofsrally mit ihrer anwesenheit zu beehren, die modenschau der dezent makabren art.
friedhofsrally, klingt wie “wörthersee 2008, ich war auch dabei”…
hochsaison für friedhofsgärtner, maronibrater und taxifahrer…
schwarz wie bei einer verspäteten grufti-schau… farben sind erlaubt, solange sie schwarz sind…
kinder an den händen geführt, zwangvoll in irgendwelche scharzen klamotten gekleidet, knechte der makabren gelüste sogenannter erwachsener…
wozu das ganze? ich komm noch früh genug dort hin, ohne fluchtmöglichkeit, angeliefert in jener fahrzeugklasse, die so treffend charakterisiert wird mit dem spruch “der letzte wagen ist immer ein kombi”…
und gehst nicht hin, nun, dann bist für ein jahr stigmatisiert… 2009 hast dann wieder die möglichkeit, deine “ehre” an der festlichkeit der makabren art wiederherzustellen…
der wagen wird poliert, der mantel noch rechtzeitig in die reinigung gebracht, schuhe nach althergebrachter methode auf hochglanz getrimmt, in letzter sekunde werden noch schwarze socken und schwarze strümpfe besorgt, und dann, egal, ob der friedhof nur 300m oder gar 500m weit weg ist, wird in scharen hingepilgert, jeder beäugt jeden mit prüfendem blick… getuschel hinter vorgehaltnener hand… “hast die gesehen?”… “hast das gesehen?”… ” und daß die jetzt mit dem…”… und dann schnell noch ein paar kerzen angezündet, der angesengte staubwedel aus getrockneten farnen und gräsern so verdreht, daß das brandloch versteckt ist und scheinheilig ein paar verwandte und bekannt mit lächelndem gesicht begrüßt… und dann ab nach hause, dort wird dann in großer runde eine kritikersitzung abgehalten… “leute ausrichten”, so nennt das der volksmund…
und zwischendurch ein paar kinder zurechtgewiesen, “sieh dich mal an, du schaust aus wie ein schwein, alles dreckig, kannst du nicht einmal…”
ist es das? brauchen wir das? da können wir doch gleich im sommer an den wörthersee fahren… und golf spielen… vielleicht ist da das publikum etwas jünger…
Stargazer says:
… jedoch würden die
ObamatrommelnBuschtrommeln immer die Selben sein und die Gerüchte um keinen Deut besser.Grazer says:
ich glaub nicht, daß man bei der “wörthersee-rally” über mich gerüchte hätte… *lach
ich spiel’ lieber minigolf als daß ich sowas fahr’…
stackevil says:
hm ich finde rallies überhaupt am besten wo man so arschheilig christen überfahren könnte :)
aber dieses flashback jump forward zeitspiel mit den stunden verdreht meinen schlafrytmus sosehr das ich nimma in der lage bin was sinnvolles zu machen … schlafen iss so schön …
Rha says:
Wenn du es scho so formulierst, könnten es auch Befürchtungen oder Tatsachen sein…
Gina says:
Habt ihr das Ganze auch schon Mal aus der Sicht eines Betroffenen angesehen? Ihr zerreißt euch das Maul darüber und wisst wahrscheinlich nicht mal, was wirkliche Trauer bedeutet!! Abgesehen davon gehört ihr gerade auch zu dem Club der “Leute-Ausrichter”, ihr seid kein Deut besser und beleidigt damit all jene, die wirklich aus Trauer dieses Ritual mitmachen. Wo bleibt da noch die Achtung vor dem anderen und dessen Gefühlen?
Rha says:
Dass Grazer in diesem Beitrag die Sache satirisch sieht, ist wahrscheinlich seine Art, einmal darauf hinzuweisen, dass es zuviele Leute gibt, die diese Rituale einfach nur machen ohne den Sinn zu verstehen – ähnlich derer für die die Firmung jeglich ein Anlass ist um ein Geschenk einzustreifen…
Gina says:
Mit Satire erreicht man nicht viel! Den Sinn verstehen sicher Mehrere, nur gibt es auch familiäre Verpflichtungen – nur das verstehen die wenigsten Leute, dass man viellicht auch mal etwas im Leben macht, was einem persönlich vielleicht wiederstrebt, da man aber merkt, dass es das Gegenüber beötigt um mit gewissen Themen leichter umzugehen oder sich nicht allein gelassen fühlt, durch das Begleite werden, sehen die wenigsten. Abgesehen davon, wenn man sich heut zu Tage klar zu einer Religion bekennt, wird man fast ausgelacht! (Und welcher junge Erwachsene oder auch Jugendliche will das schon!)
Grazer says:
also, gina, religion hin oder her, das hat nun damit eigentlich überhaupt nix zu tun! was das gerade in meinen augen so schlimme an der sache ist, ist der umstand, daß aus der friedhofsrally eben die von dir genannte “familiäre verpflichtung” gemacht wird! wieso hab ich eine “familiäre verpflichtung”, grad zum genannten datum wie so viele andere auch zum friedhof zu latschen und den trauernden zu mimen??? auf der anderen seite, nimmst eben diese “familiäre verpflichtung” nicht wahr, dann bist für ein jahr der “aussätzige”… und jetzt bitte bestreite, daß dem nicht so ist…
und gerade diese verpflichtung, die daraus gemacht wird, die ist es, die ich so “satirisch” an den pranger stelle, nicht die art und weise, wie manche ihre trauer aufarbeiten, denn ehrliche trauer zu empfinden und zu verarbeiten, das ist eine ganz andere sache, die nicht einmal ich durch den kakao ziehen würde…
und beobachte mal die leute auf dem friedhof, was ist, abgesehen von jenen, die in ihrem leid und dem toten ihre trauer verarbeiten, das hauptthema??? wer hat was an, wer trägt welche klamotten und sind die wohl von prada oder gar nur vom kik oder aldi oder hofer oder lidl oder gar von kinderausbeuterischen handelketten??? und wie schienheilig, weil eigentlich war er/sie ja sowieso nur hinter der kohle her und so weiter… und das nennst aber nicht einmal du “trauer bewältigen”…
ich für meinen teil, ich weigere mich, die alljährliche friedhofsrally mit meiner anwesenheit zu erhellen… ich verarbeite meine trauer in der ruhe, stille und in der zweisamkeit und im gespräch mit meiner frau… und ich besuche das grab meiner mutter an stillen tagen, ohne familiäre verpflichtungen…
Gina says:
@grazer: das ist auch viel Erziehung bzw. Wertevermittlung dahinter; kommt immer darauf an, wie man mit seinen Pflichten umgehen kann – die meisten pochen Tag ein Tag aus auf ihre Rechte, sind sich aber nicht bewusst, dass sie auch Pflichten haben; (und das ist nicht nur in Rechstfragen so, sondern auch in der Familie – wie z.B. Kinder bei Eltern fordern, dass sie Taschengeld zu bekommen haben; da ist dann meine Gegenfrage, wieso haben dann die Eltern nicht das Recht zu fordern, dass ihre Kinder bei solchen Anlässen dabei sind?) Und dann geht das Thema noch weiter, da entschließen sich welche, ihren Pflichten mürrisch nach zu gehen, brauchen aber wiederum, um das Ganze zu überstehen eine Nebenbeschäftigung – wie das Ausspionieren der Leute, was sie so tragen usw. – dies ist für mich auch wiederum eine Erziehungs-/Wertevermittlungsangelegenheit, solchen Personen/Kindern hat man nicht beigebracht, andere zu respektieren, ihnen die gebührende Achtung entgegen zu bringen.
Weiters ist es eine Frage von Liebe – wenn mir meine Familienmitglieder so wenig Wert sind, dass ich es nicht für nötig halte, sie bei solchen Anlässen zu begleiten, wo ist da dann die Liebe geblieben? Mir ist dies z.B. meine Mutter wert, dass ich mir die Zeit neheme sie zu diesem Anlass zu begleiten, auch wenn es nicht meien 100%ige Überzeugung ist oder ich der Meinung bin, dass man jeder Zeit ein Grab besuchen kann.
So kann man folgendes Fazit machen: Heute ist es den Mensch nicht mehr wichtig Mitgefühl für andere zu haben oder das Gefühl von Liebe zu vermitteln, etwas aus nächsten Liebe zu machen oder ohne persönlichen Vorteil. Das Ego einfach mal in die Ecke zu stellen und das “DU” groß zu schreiben.
Grazer says:
ich sehe, da haben wir zwei definitiv unvereinbare ansichten und werden wohl auf keinen gemeinsamen nenner kommen… aber, so nehme ich mal an, wir können damit leben…
Toei Rei says:
… oder irgendwie leicht aneinander vorbeigeschrieben. Sache ist doch jene, dass es in der Welt um einiges zu viele Leute gibt, welche einfach nur herumheucheln und sich auf diversen ‘Events’ eigentlich nur sehen zu lassen um auch dabei gewesen zu sein oder um etwas zu präsentieren.
Was die Leute betrifft, die den oben genannten Anlass als Trauerbewältigung nutzen, diese soll es auch geben, auch wenn man munkelt, dass diese mit den Dinos ausgestorben wären – Ein Grund den ich nicht in Frage stelle, wenn es dieser auch ist.
Gina says:
… oder weil sie nicht ehrlich zu geben können, wie es in ihnen wirklich aussieht. Woher wissen wir, dass sie nur da sind um dabei zu sein? Vielleicht fällt ihnen ja der “Zacken aus der Krone” wenn sie ehrlich zu geben, dass ihnen daran schon was liegt und dass sie doch gläubiger sind, als wie sie sich geben und um das alles zu tarnen, muss man sich das Maul über die anderen zerreißen!
Rha says:
Überall wo Leute zusammenkommen wird geredet. Das war so, ist so und wird auch immer so bleiben. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann zerreissen sie sich auch noch heute ihr Maul über die Dinge, die sie nichts angehen.
Grazer says:
laß es mich mal so formulieren:
ich kenne menschen, die sich mit ihrer trauer auf dem friedhof in verbindung mit den verstorbenen auseinander setzen. das ist gut so. auf der anderen seite kenne ich welche, die so wie ich den massenrummel verabscheuen und in sich gehen, um mit den verstorbenen und ihrer trauer zu sein. und auch das ist gut so. was mich an dem ganzen stört, das ist die unbegründbare verpflichtung, an einem oder zwei bestimmten tagen im jahr auf den friedhof zu pilgern und scheinheilig an diversen gräbern zu verharren… allerheiligen ist doch etwas ganz anderes, zumindest im sinne der bibel… nun gut, man mag es auch als anlaß sehen, um der verstorbenen zu gedenken (was ja an allerseelen geschehen soll…), aber dennoch finde ich es verwerflich, auf den friedhof zu pilgern, nur um gesehen zu werden und um sich über andere leute das schandmaul zu zerreißen!
nein, dafür bin ich definitiv nicht zu haben und daher verweigere ich solche “verpflichtungen”…
klingt vielleicht seltsam und etwas morbid, aber man kann es durchwegs mit “muttertag” vergleichen, jenem einzigen tag im jahr, wo der mütter gedankt wird und diese verwöhnt werden… zumindest so lange, bis die kinder im bett sind und dann ist wieder alltag mit allen vor- und nachteilen (für die mütter…)… und wo ehefrauen von ihren ehemännern beschenkt werden, obwohl sie rein theoretisch gesehen ja nicht deren mütter sind…
oder nochmals anders formuliert: menschen sind definitiv eigenartige lebewesen… und ich gehöre auch dazu!
;-)
Gina says:
Muttertag hat man auch nur für die Geschäfte eingeführt, damit sie mehr Umsatz machen. So auch der Valentinstag oder der Vatertag usw.
Aber rein geschichtlich gesehen und auch religiös gesehen, hat es so was wie Allerheiligen seit eh und je gegeben. Halloween oder die haidnische Variante davon, hat immer schon was mit Tod und Geistern zu tun gehabt. Das wurde nicht erfunden um die Wirtschaft anzukurbeln.
Es zwingt dich ja keiner mit zu machen – oder schon? Du könntest ja für dich einen anderen Tag finden, an den du da hin pilgerst. Blöd ist halt nur, dass nur der 1.11. und vor nicht all zu langer Zeit war auch noch der 2.11. extra deswegen arbeitsfrei, damit die Leute dafür Zeit haben. Das heißt, eigentlich möchtest du den 1.11. als Feiertag auch noch abschaffen, dann gibt es sicher nicht mehr den Zwang bei der von dir genannten “Friedhosfrally” mitzumachen, dann hättest du nämlich die Ausrede “i muaß schaffa”. Und die wird ja immer akzeptiert. :-)
Grazer says:
danke für den tip mit der ausrede!!! auf die idee bin ich nämlich noch gar nicht gekommen… ;-))
ob feiertag oder nicht, ist mir eigentlich recht egal… auch wenn er des öfteren recht angenehm ist…
Gina says:
Du kannst ja gerne einmal mit mir tauschen – ich muss immer Arbeiten egal ob Feiertag, Heilig Abend oder Silvester, bei uns ist einfach immer offen … vielleicht bist du dann wieder froh, wenn es so was wie Allerheiligen gibt und du “unter Zwang” an so einem gesellschaftlichen Event teil haben darfs und dich endlich zur Gesellschaft zu gehörig fühlst – was du ja sonst nicht mehr bist, da du ja mit solchen Arbeistzeiten eher zu den Exoten gehörst.
Grazer says:
nein, gina, tauschen ist nicht! dazu hab ich vor deinem job definitiv zuviel respekt… *hut zieh*