Vergleichstest: Honda CN250 Helix versus Honda NT650V Deauville

Vom Prinzip her sind die beiden “Kontrahenten” aus zwei grundlegend verschiedenen “Lagern”, die Helix als Urvater der Großroller auf der einen Seite, die Deauville als Alltagstourer auf der anderen Seite. Einzig den Hersteller und die Anzahl der Räder haben sie gemeinsam: Sie kommen beide von Honda und gehören beide in die Kfz-Klasse der Motorräder. Damit wären eigentlich die Gemeinsamkeiten zusammengefasst. Oder gibt es da mehr? 

Nun, der Antrieb der Helix, ein wassergekühlter 4-Takter, steht im Ruf, bei minimaler Pflege bereits ewig zu halten. Und der Antrieb der Deauville, ein altgedienter V2 mit Doppelzündung, der hat genauso den Ruf, unkaputtbar zu sein. Also eine weitere Gemeinsamkeit.

Wie sieht es sonst mit Gemeinsamkeiten aus? Nun, die Deauville hat serienmäßig Seitenkoffer in die Verkleidung integriert, die Helix einen Kofferraum, der dem eines Minis (Gott hab ihn selig, den Urahnen aller Kompaktwagen!) gleich kommt. Okay, eine Kiste Bier geht in die Helix nicht rein, in die Deauville aber auch nicht…

Und beide Fahrzeuge sind sehr gute Alltagsbegleiter, die Helix als Roller natürlich durch ihre Abmessungen, durch ihren Komfort und durch ihre Zuverlässigkeit genauso wie die Deauville, die ebenfalls diese Vorzüge vorzuweisen hat.

Aber spätestens, wenn man darauf sitzt (oder drinnen sitzt, was bei der Helix besser zutrifft) und man den Motor gestartet hat, sind die Gemeinsamkeiten erledigt.

Die Helix ist ein typischer Single, mürrisch, wenn es kalt ist, ein bißchen unrund und bedingt durch die Sattelschlepperabmessungen auch entsprechend unhandlich, meint man zumindest. Die Deauville im Gegenzug, ein dezent vor sich hinsäuselnder V2, sanft vibrierend, dezent, mit klassischen Instrumenten und nicht so einem Enterprise-Imitat an der Instrumentenkonsole, einfach ein klassisches Motorrad, kein selbstfahrendes Sofa wie die Helix.

Bewegt sich nun die ganez Fuhre, kommen die nächsten, gravierenden Unterschiede zum Vorschein: Die Helix läuft wie ein Lämmchen jeder Spurrille nach, als ob sie das Mutterschaf suchen würde. Sie springt bei der kleinsten Unebenheit einmal hin und dann wieder her, bleibt aber bedingt durch ihre Länge dabei beherrschbar und löst keine Panikattacken aus. Die Deauville gleitet majestätisch drüber hinweg, bügelt alles glatt, wie eine noble Dame… Und in Sachen Kurvenlage und Kurventechnik? Die Deauville wird eins mit dem Fahrer, er denkt die Kurvenlinie, die Deauville fährt sie. Unspektakulär, ruhig, gleichmäßig, ohne Kraftaufwand. Ein gut ausgewogenes Fahrwerk. Die Helix hingegen will mit Tricks bearbeitet werden, auch wenn sie noch so unförmig aussieht, sie verträgt eine gewaltige Schräglage und kann mit dem gewissen Kniff auch um die engsten Kehren gezirkelt werden, als Aufstehhilfe nach Kurven eignet sich am besten der Gasgriff.

Nun, eine bewegte Masse will ja auch wieder zum Stillstand gebracht werden und das möglichst ohne fremde Hilfe… Das ist mit den drei Bremsscheiben der Deauville kein Problem, solange Griff vorhanden ist, wird Energie vernichtet, oder genauer, kinetische in thermische Energie umgewandelt, denn Energie kann bekannterweise ja nicht vernichtet werden… Man hat fast das Gefühl, der Lenker springt einem an den Helm, so mächtig packen die Bremsen zu, wenn es gilt, die 243kg Eigengewicht plus dem Fahrergewicht so rasch wie möglich abzubremsen.

Anders hingegen bei der Helix, war schon die Beschleunigung nicht gerade weltbewegend, aber für normalen Stadtverkehr mehr als genug, so ist auch die Verzögerung nicht gerade berauschend. Klar, 168kg Eigengewicht, dazu noch der Fahrer, dann eine Minibremsscheibe in einem 12″-Vorderrad und eine Alibitrommel im 10″-Hinterrad, was will man da erwarten? Da sind ja die Bremsen jedes Baumarktscooters noch besser… Vielleicht dachte man damals, so vor 20 Jahren, bei Honda, daß man bei 17 Pferden und grad mal moderatem Autobahntempo (120 bis 130 Sachen) ja sowieso keine besonderen Bremsen brauchen würde, aber im heutigen Verkehr muß ein Helixianer schon deutlich vorausschauender als ein Viller fahren, da hilft alles nix!

Verbrauch? Nun, beide verbrauchen Benzin… und 3,7 bis 4,2 l/100km je nach Fahrweise sind für ein selbstfahrendes Sofa nicht gerade üppig, auf der anderen Seite, 4,5 bis 5,5 l/100km bei der Deauville aber entsprechend ihrem Hubraum auch nicht gerade viel! Dazu kommt noch, daß laut Handbuch alles ab 91 Oktan gesoffen wird, egal, ob Helix oder Deauville…

Und sonst? Nun, auf Grund der Menge an recyclebarem Kunststoff, da gebührt beiden Motorrädern der grüne Punkt… nur daß die Helix einfach den besseren Wetterschutz bietet, auch wenn die Deauville definitiv flotter aussieht…

Um alle Lebensbereiche abzudecken, kann ich daher nur empfehlen: Fahrt Helix und Deauville, dann spart Ihr Euch die Goldwing!

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Im Herzen ein Motorradfahrer, der Zeit seines Lebens sich immer mit Motorrädern, ihren Fahrern und ihrem Denken auseinandergesetzt hat, frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel! Entsprechend ist auch der Lebensinhalt ausgerichtet: Morgens schon als erstes die Goldwing im Sinn, dabei nicht alleine, denn auch meine Frau ist vom selben Schlag, eine Bikerin durch und durch...

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