Neugierig und irgendwie doch voller Erwartungen ging ich zum ersten Kursabend des Ersthelfer-Kurses. Was kommt da auf mich zu? Weiß ich noch etwas, weil mein Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein liegt nun doch ein paar Jahrzehnte zurück (genau genommen sind es zwei Jahrzehnte, also könnte man das “paar” auch groß schreiben…) und meine Kenntnisse, die reichen grad, um einen Verunglückten sicher und zuverlässig ins Jenseits zu befördern, also theoretisch die Erste Letzthilfe…
Himalaya… klingt irgendwie kühl, sehr nach Krankenhaus, Leichenschauhaus oder sonst irgendwie dezent makaber…
Viele Kollegen und natürlich auch Kolleginnen, die ich trotz meiner paar Jahre bei meiner Arbeitsstelle noch nie gesehen hab (woran das wohl liegen kann?) sind schon da, aber ich bin dennoch nicht der letzte…
Der Vortragende bringt nach einer kurzen Vorstellung die ersten Grundsatzinformationen relativ trocken rüber. Dennoch, Langeweile kommt nicht auf, manches hat man schon irgendwann einmal gehört, aber schon längst wieder vergessen, aber es wird immer interessanter… trocken zwar, aber interessant.
Was mache ich, wenn… und wie mache ich was… und was sind eigentlich die ersten Schritte? Absichern, klar, hat jeder schon mal gehört, aber ein Pannendreieck? Nein, ich brauch das nicht, meine Karre läuft schon seit 20 Jahren pannenfrei… und beim Motorrad gibt’s kein Pannendreieck…
Vorlaute Klappe, also ran an die Geräte, oder in diesem Fall eben nur eines: das Pannendreieck. Aufstellen… als Hobbybastler, Familienvater mit Kindersppielzeugreparaturerfahrung alles kein Problem… aber isrgendwie anders… Selbst bei Pannendreiecken gab es Fortschritt…
Weiter geht’s, inklusive kleiner Rauchpausen (ja, ich steh dazu, ich bin ein Süchtler…), die ersten Bergungsversuche, die ersten Notfallmaßnahmen, die ersten wesentlichen Handgriffe… Alles neu, man(n) übt an Kollegen und Kolleginnen… Helmabnahme, Notfallcheck, stabile Seitenlagerung…
Und Zack, der erste Abend ist vorbei! Verdammt schnell vergangen, die Zeit… und übrig bleibt ein komisches Gefühl, und der obligate “rauchende Schädel”…
Nächster Kursabend, man kennt sich untereinander schon, spricht über den ersten Kursabend, diskutiert… natürlich auch mit Jürgen, der anfangs dezent grinsend da stand und sich alles angehört hat…
Und dann geht’s weiter, schnelle Wiederholung, ein paar Fragen von Jürgen, logisches Denken hilft bei der Beantwortung, Wiederholen der Handgriffe und dann ab ins Training, das muss einfach sitzen, in Fleisch und Blut übergehen, im Ernstfall ist zu wenig Zeit zum Nachdenken…
Doch hin und wieder ein kleiner Scherz muss sein, lockert auf, entspannt und macht Laune… und alle sind mit Feuereifer dabei. Zu groß ist das Interesse, als dass man irgendwas durch eine unnötige Pause versäumen möchte, Folge: Pausen werden auf das absolut Nötigste reduziert, kein Murren der Süchtler, auch wenn’s vielleicht schwer fällt, aber hier gilt eben auch das Miteinander…
Die Zeit vergeht, die Handgriffe sitzen (beinahe mit geschlossenen Augen!), die Theorie sitzt auch und fertig… bis zum nächsten Mal…
Der dritte Kursabend, es war ein Wochenende dazwischen, aber Folgeschäden hat es keine, die Handgriffe sitzen immer besser, das Wissen ebenfalls, auch wenn es immer mehr wird… und man hilft einand’…
Und das Wesentliche: Kein “Opfer” bricht in Panik aus, im Gegenteil, die “Opfer” fühlen sich gut versorgt. Wenn das dann bloß im Ernstfall, der hoffentlich nie eintritt, auch so abläuft…
Und wieder ist ein Kursabend vorbei… Man überlegt, was man die ganze Zeit gemacht hat… Es fällt einem nix ein, aber irgendwie hängt da das Damoklesschwert einer Prüfung im Raum…
Man vertraut dem Instinkt, der Macht der Übung, es wird schon gut gehen… und man wird, sobald man es braucht, schon alles wissen und richtig machen…
Letzter Kursabend… Prüfung! Und vorher noch Theorie und Übung am “lebenden Objekt” und (ohhh, wie konnte ich IHN nur vergessen) am Ambu-Man (und seiner Gefährtin, aber deren Namen hab ich jetzt leider vergessen…), dann noch eine Pause und Gespräche untereinander…
Seltsam, irgendwie hat man trotz Nervosität nichts vergessen… Die Handgriffe sitzen…
Dann wird es ernst: DIE PRÜFUNG!
Was geschieht da? Was kommt jetzt noch auf uns zu? Wir, die wir seit Jahrzehnten (zumindest einige von uns) nicht mehr bei einer Prüfung waren… Keep cool…
Man trifft sich nach der Pause vor der Kantine, raucht noch eine (sofern man bekennender Süchtler ist) und redet… Irgendwie muss man seine Nervosität erdrücken, niederwürgen…
Eintritt in die Höhle der Löwen… oder wie auch immer man sagen will… Jedenfalls, jetzt wird’s ernst! Kurze Einweisung und Gruppeneinteilung und dann los, jede Gruppe an die zugewiesene Prüfungsstation…
Nein, da wird jetzt keine Spannung abgebaut, vorweggenommen oder sonst was, macht selbst den Kurs! Nur so viel: Es lagen genug Opfer herum, es gab genug Blut und es gab genug zu tun… und im Team gelang es perfekt, auch wenn wir einander eigentlich unbekannt waren, wir kannten uns vielleicht grad mal vier Abende vom Kurs… aber trotzdem, die Handgriffe saßen, es ging wie als hätten wir alle Jahr und Tag miteinander solche Situationen durchlebt… und wir haben bestanden!
Dank dem Vortragenden, der uns entsprechend gedrillt hat und dank den Kollegen und Kolleginnen, die mit Feuereifer und im vollen Einsatz dabei waren… und es war uns allen kein Scherz und wir konnten dabei nicht lachen, denn für uns galt es, mit Hilfe des Erlernten Menschen zu helfen… und es gelang!