Toy-Run 2007, ein unbeschreibliches Erlebnis

Seien wir doch mal ehrlich, die ganzen Typen in ihren Lederklamotten oder sonstwie matialisch aussehenden Panzermonturen, wer würde ihnen ein Herz, weich wie Butter in der Sonne unterstellen? Freiwillig wohl niemand… alles Rabauken, Saufbrüder und Raufbolde… oder etwa doch nicht?

Sonntag morgen, der Morgen graut… und mir auch. Es ist 6.00 Uhr. Tagwache! Toy-Run ist angesagt! DAS legendäre „Spielzeuglaufen“ für Kinder… Sammelpunkt SCS, von 6.00 Uhr bis 8.30 Uhr, aber bei den Ersten wollen wir, meine Frau und ich, nun doch wieder nicht dabei sein, lieber so im Mittelfeld, unauffällig… soweit es eben möglich ist, also Abfahrt zur Toy-Run um 7.00 Uhr, das sollte genügen.

Also, Kaffe brauen, Göttergattin sanft wecken und einen zaghaften Kultivierversuch starten…

Nach dem Kaffee werden unsere Böcke gesattelt, die 250’er Virago meiner Frau und meine 250’er Helix und dann ab zur SCS.

Auf dem Weg zum Sammelpunkt kommen aus jeder Einfahrt, aus jeder Seitenstraße, überall her immer mehr Motorräder, und das, obwohl es trüb, regnerisch und abweisend ist. Typisches Wiener Wetter, wie wir später erfahren.

Die Zufahrt zur SCS ist blockiert, Gelbjacken empfangen uns, klären uns kurz und prägnant über Ölfleck, Zufahrt und Einlaß auf und schon geht es weiter zur Einlaßschneise.

Einweisung zum Standplatz, absitzen und genüßlich im Nieselregen einen heißen Kaffee schlürfen, die obligaten Züge an einer Zigarette, damit der Nikotinspiegel passt und die ersten Bekanntschaften. Und komischerweise kennen uns mehr Leute als wir die Leute kennen. Kann es sein, daß unser Besuch am Vortag bei einem Zubehörhändler die Runde gemacht hat? Ist Wien auch bloß ein Dorf?

Endlich, 9.00 Uhr, der Himmel klart auf, die ersten, zaghaften Sonnenstrahlen kommen aus der Wolkendecke hervor, diszipliniert setzt sich ein 36km langer, aus 2960 Bikes bestehender Konvoi in Bewegung, um über die Autobahn den ersten Abschnitt der 160km langen Strecke nach Waidhofen/Ybbs im wunderschönen Mostviertel zurück zu legen. Danach geht es über die Dörfer, Felder und Wiesen weiter. Und überall der selbe Anblick: Bikes, wohin das Auge reicht, in einer Gasse ausfröhlichen Menschen jeden Alters, mit Windelpaket, mit Stock, mit Sonnenschirmen, Kameras und fröhlich winkend… Sind wir die erwarteten Helden? Fast könnte man es meinen, aber wir sind doch nur Biker, die etwas für andere tun wollen, wirklich tun und nicht nur darüber reden… keine Helden… einfach Menschen mit einem gemeinsamen Hobby, im Regelfall angefeindet und beschimpft… doch heute? Heute gibt man uns das Gefühl, Held zu sein…

In Waidhofen angekommen, werden die Bikes, in einer Allee richtig malerisch umrahmt, abgestellt und gemeinsam „wandert“ man zum Festplatz, normalerweise als Marktplatz bezeichnet, doch heute ist er geschmückt, Bänke und Tische laden zum Verweilen und gemeinsamen Feiern ein, eine Bühne, auf der Ernstl seine pathetischen Worte in unsere Hirne knallt, auf der Kinder unsere Herzen berühren, auf der Erwin (Pröll, der LH von NÖ) ebenso pathetisch uns um den Verstand, oder das, was davon noch übrig ist, quasselt, wo 10.000 Menschen gemeinsam feiern, daß es Kindern neue Wege eröffnet, wie Du und ich zu leben, einfach gesagt, 10.000 Menschen, Kinder, Erwachsene, Senioren, ein Herz und ein Fest… (besser kann ich es leider nicht formulieren, aber ich hoffe, Ihr wißt, was ich meine…)

Und dann, Abschied von Waidhofen, Abschied von den Kids, Abschied von über 5.000 Menschen, die mit uns gefeiert hatten, Heimfahrt, nachdenklich, glücklich und bewegt… unter vielen, neuen Freunden, die wir hoffentlich 2008 alle wieder gesund treffen werden…

Ein letztes Getränk im Schutzhaus, die letzten Worte mit Ernstl, Igel, Marianne und den anderen gewechselt… und, keine Ahnung, warum auch immer, Applaus von den anderen, dabei taten wir nichts, was sie nicht auch getan hatten… wir trafen uns zur Toy-Run, so wie es vermutlich in den folgenden Jahren immer wieder sein wird… und unsere Hausecke, um die wir dafür gefahren sind, die ist halt anstatt 200km eben 600km entfernt… aber daran ist nichts heldenhaftes zu finden…

Es geht nicht um uns, es geht um unsere Zukunft, um unsere Kinder! Bis 2008… die nächste Toy-Run, an der heute schon die wahren Helden arbeiten, versteckt, unauffällig, nur durch ihre gelben Jacken erkennbar…

Danke an Ernstl, Igel und die anderen Gelbjacken!

Danke an alle, die uns begleiteten, ob in Uniform, ob im Pannenwagen oder im Leder…

Und, wenn wir dürfen, dann kommen wir nächstes Jahr wieder! Nicht für uns, sondern so wie Ihr, für unsere Kinder!!!

Author:

Im Herzen ein Motorradfahrer, der Zeit seines Lebens sich immer mit Motorrädern, ihren Fahrern und ihrem Denken auseinandergesetzt hat, frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel! Entsprechend ist auch der Lebensinhalt ausgerichtet: Morgens schon als erstes die Goldwing im Sinn, dabei nicht alleine, denn auch meine Frau ist vom selben Schlag, eine Bikerin durch und durch...

7 thoughts on “Toy-Run 2007, ein unbeschreibliches Erlebnis”

  • Ein paar Gedanken so am Rande:

    Warum macht man das? Man fährt mit einem untermotorisierten Joghurtbecher 650km, dann ist man bei der Toy-Run, wo es sich ja sowieso nur um Kinder aus Wien und Umgebung handelt, dabei und fährt dann wieder 650km zurück? Was bringt das?

    Das sind so im Regelfall die Fragen, die sich jeder stellt, der sich damit ein bißchen befasst. Und logischerweise haben wir uns diese Fragen auch gestellt.

    Klar, einen richtigen Zweck oder gar Gewinn im herkömmloichen Sinn hat das Unterfangen „Toy-Run“ nicht. Rein prinzipiell betrachtet ist es eine Irrsinnsaktion, denn da ist ja nicht einmal Erholung zu finden, hat mit einer Urlaubstour nichts zu tun. Doch warum haben wir es heuer getan und werden wir es nächstes Jahr wieder tun?

    Allein die Aussicht auf ein Wiedersehen mit neuen Bekannten, die Leute am Straßenrand, das Gefühl, für einen Tag ein „Held“ zu sein und wirklich etwas Gutes zu tun und nicht nur die Reden darüber zu hören… und natürlich die Kinder, deren Aufführungen, deren Freude, das sind Dinge oder Erlebnisse, die den ganzen Aufwand in einem anderen Licht erscheinen lassen.
    Wenn ich denke, wir haben auf den 650km beide Böcke so dezent 4 mal tanken müssen, das sind so 10€ pro bike und pro Tankstop, macht das allein schon 80€ nur für die Hinfahrt aus. Dann das Ganze wieder zurück, auf der Toy-Run selbst auch noch tanken, sind so in etwa 200€ Spritkosten. Für nichts. Dazu kommt dann bei beiden Böcken das Service, das wir zwar selber machen, aber das Material kostet ja auch. Und die Verpflegung unterwegs. Dann kommt noch Unterkunft dazu und… und… und…

    Ach ja, die 23 Stunden auf den Böcken hätt‘ ich jetzt glatt vergessen…

    Eigentlich sind da nur Kosten und kein Nutzen… wenn da nicht das Lächeln der Kinder wäre! Und die Menschen, die wir so noch kennen gelernt haben… und das „Helden-Gefühl“…

    Also ist da ja doch etwas geblieben?

    Ja!

    Und ein bißchen auch die Wehmut des Abschieds von den Bikerfreunden und den Kindern…

    Und irgendwo nach wie vor der „Held Grazer“ mit seiner „Heldin Bregenzerin“… tief im Herzen, ein Gefühl, einmal etwas getan zu haben, wofür man den erhaltenen Applaus vielleicht doch verdient hat…

    Und eine seltsame Veränderung ist geschehen, die Wertigkeiten haben sich verschoben! Es ist nicht mehr das „Haben“ das Wichtige im Leben, sondern daß man etwas zum „Geben“ hat. Und daß man ein wärmendes Lächeln bekommen kann…

    Und es ist auch egal, daß es „nur“ Kinder aus Wien oder Umgebung sind und keine vorarlberger Kinder, denn im Grunde genommen, wer hindert uns daran, eine Ländle-Toy-Run zu starten und Ernstl’s Gedanken auf die andere Seite des Arlbergs zu holen??? Nur unsere eigene Bequemlichkeit!

    Und wer weiß, vielleicht ist eines unserer zwei Toy-Run-Shirts der Anlaß, daß sich die hiesigen Bikerclubs an einen Tisch setzen, einen Sausi oder wie er dann auch immer heißen mag, ebenfalls ins Boot zu holen und einmal Klartext zu reden… und selbst eine Toy-Run in größerem Ausmaß zu veranstalten. Für unsere Kinder, egal, auf welcher Seite welchen Berges auch immer…

    Danke für Eure Aufmerksamkeit.

  • Man könnte ja einfach ein paar Leute zusammentrommeln. Ernstl hatte ja auch mit einigen wenigen Bikes gestartet…

    So weit mal mein ‚count me in‘

  • daran sollte es ja nicht scheitern, das problem dürfte eher darin begraben liegen, daß hier im ländle einige „charity-fahrten“ geplant sind… und die muß mal wer unter einen hut und unter eine fahne bringen…

  • man könnte sich einer Organisation (wie ich es beim Road Trip gemacht habe) anschliessen um zumindest vorerst deren Infrastruktur und Namen mitnützen zu können. Wenn genug Bikes mitfahren und das Event bekannt wird, kann man noch immer den „Alleingang“ wählen…

  • die sache an der toy-run ist die, daß HINTER dem begriff TOY-RUN keine organisation steht, sondern menschen, die das ganze unternehmen „Toy-Run“ uneigennützig und ohne mitwirkung von außen organisieren, planen und auch durchführen… nur damit ist gewährleistet, daß auch exakt 100% vom erlös an die empfänger kommen! und wenn ich hier so aktionen wie die charity-run beobachte, dann steht irgendwo immer ein unternehmen dahinter, welches entscheidungen trifft, aktionen setzt und so manches durchführt, von dem ich mir nicht sicher bin, daß es auch dem ursprünglichen sinne dient. daß die leute der aktiv teilnehmenden mc’s sehr viel idealismus dafür an den tag legen und colours vergessen lassen, das ist eine respektable leistung jedes einzelnen und ich werde sicher auch dabei sein, aber es ist trotz allem eine organisation/ein unternehmen im hintergrund und damit ist eine absolute unabhängigkeit nicht mehr gewährleistet.

  • Da kommt es immer auf die Organisation an – im Falle von Stargazers ist es nämlich eine Non-Profit-Organisation, die nur die Obersten des Landes und einiger Firmen kennen und gute Kontakte haben, damit sie zu Spendengeldern kommen. Würde man das selbe mit einem IfS machen, dann würde das ganze schon wieder anders sehen, da dies dem Land gehört.
    Abgesehen davon ist vielen Leuten nicht bewusst, dass wenn sie so eine Aktion starten, sie selber auch in ihre Geldtasche greifen müssen, damit es überhaupt statt finden kann und das ist in vielen Fällen das Problem – am liebsten hätten sie alles gratis und möchten nur den Spaß, das Heldentum und das Rampenlicht genießen, die so eine Aktion mit sich bringt.

  • Das ist der Punkt: Bei der Toy-Run ist keine Organisation dabei, es ist ein Haufen privater Biker, die all das in ihrer Freizeit und unentgeltlich organisieren. Und dann kommt ein Haufen anderer Biker, die eben diese Toy-Run, die da ein paar organisiert haben, zu einem guten Ende mit einem hoffentlich hohem Erlös für Kinder bringen wollen. Daher löhnen sie selbst 10€ pro Bike und 5€ pro Sizia/Sozius… und das alles geht dann direkt vor Ort an die Kinder… Eigentlich eine simple Idee!

    Bei so „Events“ wie die Joy-Ride (Ende Juli in Lustenau) oder die Charitiy-Run (September in Hohenems) sind Vereine, Firmen und andere Organisationen dahinter, da ist die Sache anders gelagert, auch wenn der Zweck grundsätzlich der Selbe ist: Biker helfen anderen!

    Und was den Road-Trip unseres Stargazers anlangt, das ist wieder eine eigene Sache, und keineswegs weniger wert als die vorangehend genannten „Events“. Nur staht dahinter in erster Linie ein Mann, den Ihr alle „Stargazer“ nennt, ich nenn ihn eben „Ritter von der Kokosnuß“… und ich ziehe den Hut vor ihm! Möge er erfolgreich in seinem Tun sein!

    Ich finde, alle Ereignisse, die zeigen, daß Menschen Gutes tun und nicht nur wie unsere Politiker davon reden, sollten unseren Volksvertretern einmal ein Denkanstoß sein, damit endlich Taten anstelle von nutzlosen Worten treten! Und all diese Menschen sind die WAHREN HELDEN unserer Zeit!!! (Und da gehöre ich definitiv nicht dazu…)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert