deutsch und deutsch

ja, es stimmt, ich hab‘ wirklich mal begonnen, deutsch als lehramtsstudium zu betreiben, mit dem hintergedanken, deutschlehrer zu werden. gott sei dank hat mich das studium dazu gebracht, dieses hehre vorhaben in den wind zu schießen und statt dessen mein leben dem motorrad und den damit verbundenen aufgaben und erfüllungen zu widmen. und nebenbei arbeite ich…

und da mittlerweilen es erstens winter ist und zweitens die treibstoffpreise einen täglichen einsatz des motorrads zu luxus verkommen lassen, bin ich, um arbeiten zu können, auch nahverkehrsmitteltester geworden. okay, weil mir der sprit zu teuer ist, fahr‘ ich mit bus und bahn in die arbeit und abends wieder heim, mit allen vor- und noch mehr nachteilen…

wurscht, darum geht’s ja nicht wirklich. sondern um meine muttersprache, die nicht nur meine muttersprache, sondern auch noch amtssprache und schulsprache in österreich ist. momentan noch jedenfalls, aber nix genaues weiß man nicht…

naja, es ist eben so, daß man grad in den öffentlichen verkehrsmitteln abgesehen vom dreck auch noch den sprachlichen abfall der heutigen generation so richtig intensiv miterlebt. ich meine, wie klingt denn das für einen halbwegs gebildeten und sprachlich interessierten mitteleuropäer aus dem deutschsprachigen raum, wenn die mädels untereinander sich mit vollster überzeugung „hey alter… ey mann“ titulieren? hab‘ ich da irgendeine metamorphose oder eine mutation nicht mitbekommen? ich meine, wie klingt denn das?

oder wenn sich zwei kiddies streiten, da kommen so absurde sprüche an meine ohren wie „ey, isch masch dich kickbox! produzier misch nich, sonsch werd‘ ich attraktiv!“… aha… da fühlt sich ein g’standenes mannsbild wie meiner einer ja komplett eingeschüchtert, oder nicht? naja, eigentlich habe ich in solchen momenten eher das bedürfnis, einen deutschkurs zur schaffung einer sprachlichen basis anzubieten, notfalls sogar kostenlos und hoffentlich nicht umsonst, wobei sich da auch schon einige zweifel festgesetzt haben… immerhin ist mir der unterschied zwischen gratis und umsonst bekannt…

natürlich ist mir bekannt, daß deutsch eine doch recht schwierige sprache ist, doch einerseits wachsen wir damit als muttersprache ja auf und sollten daher in der lage sein, unsere gedanken in dieser sprache zu formulieren und andererseits sieht man an vielen eingewanderten mitmenschen, daß es sehr wohl machbar ist, deutsch zu lernen. und manche legen dabei die latte so hoch, daß man denkt, sie hätten deutsch studiert und mit auszeichnung das studium beendet. auf der anderen seite wiederum ist deutlich zu erkennen, daß unsere muttersprache immer mehr zu einem sammelsurium aus sprachfetzen mit mehr oder weniger, eher weniger, inhalt zu werden droht.

ein beispiel sind junge fragende! „geht nüscht“ oder „funzt nüscht“, worin besteht bitte bei diesen sprachfetzen die fragestellung oder gar der inhalt? zuerst einmal was „geht“ oder „funzt“ normalerweise, in diesem fall jedoch nicht so recht? und vor allem, was ist „funzt“? was könnte damit gemeint sein? ebenso ist es mit dem begriff „nüscht“ zu sehen. was ist denn damit gemeint? oder ist das nur ein verbalfetzen, der nicht besser zu vernehmen ist, weil entweder der mund voll ist und der inhalt demnächst wie bei einem lama in die freie wildbahn geschossen wird (umlaufbahn wäre vielleicht besser, kann aber mangels energiezufuhr nicht erreicht werden) oder kommt dieser verbalfetzen von dem umstand, daß die hosen so intensiv in die kniekehlen drücken, daß mehr als dieser fetzen und die darstellung zur bereitschaft zu einem hintereingangsverkehr nicht möglich ist?

logischerweise gäbe es auf das „funzt nüscht“ eine passende erwiderung in form von „hattu problemm“, aber das widerstrebt meinem langjährig aufgebautem sprachverständnis. und es widerstrebt meinem sprachgefühl, womit ich mich dann immer mit der aufforderung nach ganzen, komplett ausformulierten sätzen zur wehr setze. die sprachverstümmelung muß ein ende haben!

üblicherweise wird ja auch in der unterhaltungsmusik ein gewisses sprachgefühl gepflegt, selbst in dialektliedern ist ein deutliches sprachgefühl erkennbar, aber in dem ganzen hypermodernen rap und hiphop-sprechgesängen, da ist nichts davon zu erkennen. wobei dahingehend auch die bezeichnung „sprechgesänge“ falsch ist, eigentlich sind es nur stammelgesänge… denn da wird nicht richtig gesungen, schon gar nicht in einer sprache, sondern hauptsächlich gestammelt… und einige vertreter dieser „musikrichtung“ haben von mir schon ihre eigenen, liebevollen kosenamen erhalten… die mannheimer jammerlappen zum beispiel, unter ihrem chorleiter tunicht (oder wie er heißt)… wurscht…

eigentlich könnte ich noch viel mehr darüber sinnieren und beispiele aus dem alltag eines bahnfahrenden motorradfanatikers bringen, doch statt dessen schockiere ich lieber erfolgreich junge menschen mit 18m musik in einer plastikhülle und der frage nach der rillenanzahl einer schallplatte…

Author:

Im Herzen ein Motorradfahrer, der Zeit seines Lebens sich immer mit Motorrädern, ihren Fahrern und ihrem Denken auseinandergesetzt hat, frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel! Entsprechend ist auch der Lebensinhalt ausgerichtet: Morgens schon als erstes die Goldwing im Sinn, dabei nicht alleine, denn auch meine Frau ist vom selben Schlag, eine Bikerin durch und durch...

5 thoughts on “deutsch und deutsch”

  • Hast du aber schön „gesprochen“ – aber in deiner schreibweise ist der beinahe Deutsch-Lehrer nicht mehr erkennbar. Denn all meine KollegenInnen welche Deutsch aktiv unterrichten beharren auch darauf, dass im Netz/in Mails auch dementsprechend geschrieben wird. Da hat wohl bei dir auch schon die Moderne einzug gehalten. :-)

    Aber ich kenne das Problem auch aus meinem Alltag, besonders wenn mich Kinder fragen: „Kann i“ – folgt von mir regelmäßig „Jetzt müsste ich nur noch wissen, was du kannst“ oder sie haben einen Gegenstand in der Hand und sagen dazu „will ha“ – da frag ich all jene die so in der 4. Klasse VS stecken und so ein hohes Ziel haben wie z.B. ins Gymnasium zu gehen: „Wir sind wohl im 2-Wort-Stadium stecken geblieben?“ Die Freude meines Gegenübers hält sich dann sehr in Grenzen, aber meine ist umso größer, wenn sie 5 Minuten versuchen einen Deutschen Satz auf die Welt zu bringen. Da der erste Versuch meisten so ausfällt: „I will des ha“ – meine Antwort „Und was ist des“, dann ist die nächste Variante „I will Ball ha“ – meine Antwort „Heißt das nun das/der/den oder die Ball“. Das Gespräch ist noch lange nicht zu Ende, da die Kids dann ganz stolz die 3. Variante heraus zücken, die dann so klingt „Ich will da Ball ha“ – meine Reaktion „Bitte entscheiden sie sich zwischen Dialekt oder Hochdeutsch – wir sind aber auf der Suche nach dem richtigen hochdeutschen Satz, worauf Variante 4. folgt, die dann heißt „Ich will den Ball haben“ (jetzt denkt sich wahrscheinlich jeder, es gibt ja keine 5. Variante mehr, aber da habt ihr euch geteuscht, das Ganze geht noch weiter, denn in Ginas Lehre gibt es noch einen schöneren Deutschen Satz zu dem Thema) – meine nächste Reaktion „Langsam kommen wir ja dahin, wo wir wollen, aber wir sollten auch noch höflich sein, wie heißt dann der Satz richtig?“ – manche kommen dann gleich drauf, dass die Variante 5. nur eine möglich Form haben kann (das sind dann die schnellen, sonst geht diese Konversation noch etwas länger) nämlich „Darf ich den Ball haben“ und dann gibt es von mir nur noch eine Rückmeldung: „Und wie heißt es, wenn wir ganz besonders höflich sind“ und dann fällt den meisten dann zum Glück auch noch die Variante mit dem Zauberwort „Bitte“ ein. Und was ist der Sinn von dieser langen zähen Konversation? 1. In vollständigen Sätzen zu sprechen, 2. Höflich zu sein und 3. etwas Zeit zu schinden, da solche Dinge in meinem Alltag immer in den letzten 5 Minuten passieren und ich so den Kindern das Aufräumen erspare :-) – Bin ja eine ganz Liebe und möchte die viele Kinderarbeit vermeiden :-)

  • tja… was die groß/kleinschreibung anlangt, da verweigere ich diese schon seit jahrzehnten erfolgreich und es wurde auch literaturtechnisch anerkannt… vor allem bei privaten „verbalattacken“! bei amtlichen schriftstücken pflege ich im allgemeinen die grammatik und die rechtschreibung der späten 70’iger, da habe ich, das ist mir durchwegs bewußt, einiges an neuerungen und vereinfachungen einfach ignoriert oder gar verschlafen…

  • Ja, ja, gehörst halt auch noch zu den „Alten Rechtschreibern“ – da hatte ich kürzlich eine lange Diskussion, da man nach der neuen Rechtschreibung „Best möglichst“ auch so schreiben kann und wenn es zusammen geschrieben wird ist „bestmöglichst“ falsch, sondern es gibt dann nur „bestmöglich“. Da dies in einem öffentlichen Schreiben vorkam, benutze ich die neue Variante, aber alle anderen wollten die „Alte“ und ganz falsche. Da muss man dann regelrecht „Entwicklungshilfe“ leisten, sogar bei älteren Semestern, die auch Deutsch als Muttersprache haben.

  • tja… nicht immer ist ein fortschritt auch ein schritt in die richtige richtung…

  • Na ja, wen man sich das genau überlegt und man ja auch sagen könnte „man gibt das Best mögliche für…“ hat man ja schon den Grund, weshalb auseinander und das Best groß. Da war die alte Regel wohl eher für die Katz oder nicht so einläuchtender.

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